22. April 2014

Wenn Prominente zu Haftstrafen verurteilt werden

Professor Dr. Deubel in die Justizvollzugsanstalt Wittlich?

Nicht weit vom Nürburgring entfernt wäre daher zunächst der Aufenthaltsort des ehemaligen Finanzministers. Bei guter Führung und Mitarbeit am Vollzugsziel wäre auch eine Verlegung in den offenen Vollzug denkbar, dann in der Nähe seines Wohnsitzes. Hier käme das Freigängerhaus der JVA Rohrbach/Rheinhessen in Betracht.

Wenn Prominente verurteilt werden - welche Justizmühlen beginnen dann zu laufen? Beginn der Arbeit vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht im Rampenlicht stehen und ohne die eine Verurteilung alleine keinen Sinn macht.

Verurteilungen prominenter Personen erregen oft großes Aufsehen, da diese Personen freiwillig oder selbst gewollt oft in der Öffentlichkeit stehen und diese im Vorfeld Anlass zu vielerlei Berichterstattung geben. Diese Personen nutzen vor Bekanntwerden der Straftat einerseits die Presse für ihre Interessen, andererseits profitiert die Presse von einer Berichterstattung über deren Wirken. Dementsprechend ist die Presse - und letztlich auch die Öffentlichkeit - auch an strafrechtlichen Verfahren dieser Personen interessiert.

Nachdem es Anfang des Jahres zur rechtskräftigen Verurteilung von Ulrich Hoeneß zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung kam, wurde am 16. April 2014 der ehemalige Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Voraussetzung für die Vollstreckung einer Strafe ist zuerst eine rechtskräftige Verurteilung. Dies bedeutet, dass kein Rechtsmittel (z.B. die Berufung oder die Revision) mehr möglich ist, weil z.B. die gesetzlichen Fristen für die Einlegung abgelaufen sind oder dass alle Beteiligten auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet haben. Die Rechtskraft steht bei vielen Verfahren aber erst am Ende des Instanzenweges, d.h. wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft wurden.

Im Verfahren von Ulrich Hoeneß haben die Beteiligten (Staatsanwaltschaft und Verurteilter) auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet, so dass die Rechtskraft eingetreten ist. Im Verfahren von Ingolf Deubel stehen diesem noch alle Möglichkeiten offen - allerdings auch der Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger hat unmittelbar nach der Urteilsverkündung der Presse erklärt, dass er das Rechtsmittel der Revision einlegen will. Dabei entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, wobei das Urteil des Landgerichts Koblenz auf Rechtsfehler überprüft wird. Ob es letztlich zu einer Verhängung einer Freiheitsstrafe kommt, ist daher heute noch offen.

Müssen die Verurteilten Promis mit dem Tag der Rechtskraft ins Gefängnis (wenn diese nicht schon vorher in Untersuchungshaft gesessen haben)? Auch noch Tage und Wochen nach der rechtskräftigen Verurteilung kann man diese oft noch in der Öffentlichkeit und der Presse sehen. Wie geht das?

Wenn die Verfahrensakten von dem verurteilenden Gericht an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben werden, wird die sog. "Vollstreckungsabteilung" dort tätig. Dabei handelt es sich um Rechtspfleger, die dann das Vollstreckungsverfahren abwickeln. Unter anderem werden alle für die Vollstreckung notwendigen Formalitäten überprüft und spezielle Beamte des mittleren Dienstes auf den Geschäftsstellen berechnen die bisher angefallenen Verfahrenskosten und veranlassen die Eintragung der Strafe in die überörtlichen Register, wie z.B. das Bundeszentralregister, so dass dann andere Strafverfolgungsbehörden dort Einsicht nehmen können.

Von der Vollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft erhält der Verurteilte eine "Ladung zum Strafantritt", in der der Verurteilte aufgefordert wird binnen einer bestimmten Frist bei einer Justizvollzugsanstalt (JVA) zu erscheinen. Dabei bestimmt sich die zuständige JVA nach einem Vollstreckungsplan des jeweiligen Bundeslandes, wobei Strafen bestimmter Dauer in genau festgelegten JVAs verbüßt werden. Bei einer Strafe von drei Jahren und sechs Monaten würde die Strafe in der JVA Wittlich vollstreckt werden.

Kommt der Verurteilte nun dieser Ladung nicht nach, so wird ein Vollstreckungshaftbefehl erlassen, der an die Polizei versandt wird. Dieser Haftbefehl wird dann durch Abholung des Verurteilten und Zuführung zur JVA vollstreckt. Der Verurteilte sitzt dann spätestens in Haft.

Es können also durchaus einige Wochen vergehen, bis ein rechtskräftig Verurteilter mit dem Absitzen seiner Haftstrafe beginnt.

Müssen die Verurteilten die volle Strafe absitzen?

Hier gilt für alle Verurteilte, egal ob Prominent oder "Otto-Normal-Bürger", der § 57 StGB. Dieser bestimmt zwei Termine die eventuell zu einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten führen und wie der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Bewährung bedeutet, dass, sofern es zu einem Verstoß gegen erteilte Bewährungsauflagen kommt, dass der dann noch offene Rest dann doch im Gefängnis vollstreckt wird. Grundsätzlich muss sich der Verurteilte straffrei verhalten. Dabei handelt es sich um den sogenannten 1/2-Termin und den 2/3-Termin.

Diese jeweiligen Daten werden bereits im Vorfeld von der Vollstreckungsabteilung berechnet und vorgemerkt und dann von Amts wegen, d.h. selbständig, entsprechend überprüft. Liegen die Voraussetzungen vor, so werden an das zuständige Gericht die entsprechenden Anträge gestellt. Beim 1/2-Termin müssen mindestens 6 Monate der Strafe verbüßt sein, wobei die Verurteilung bei einem Ersttäter nicht mehr als 2 Jahren betragen darf. Daneben findet eine Gesamtwürdigung der Person des Verurteilten und der Strafe selbst statt. Dabei werden unterschiedlichste Stellen, wie z.B. die JVA selbst, um entsprechende Stellungnahmen gebeten.

Beim 2/3-Termin müssen mindestens 2 Monate der Strafe vollstreckt worden sein, die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit dürfen nicht beeinträchtig sein und der Verurteilte muss der Aussetzung zugestimmt haben. Auch hier findet eine Würdigung der Person und der Tat statt.

Professor Dr. Deubel, der ehemalige Finanzminister des Landes, wurde am 16.07.2014 durch das Landgericht Koblenz zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Er müsste bei Rechtskraft des Urteils in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich (, die über einen Mangel an „Besuchern“ nicht klagen kann).

Im Einzelfall kann der jeweilige Verlauf eines Strafvollzugs daher sehr unterschiedlich sein. Entscheidend ist dabei nicht der Bekanntheitsgrad einer Person, sondern der individuelle Verlauf des Verfahrens.

Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit in allen juristischen Details, da es im Einzelfall viele Varianten und Unterfälle geben kann. Sie soll jedoch ein durchschnittliches Verfahren dem Verständnis des Bürgers näher bringen.