Volle Gefängnisse bringen die durch den BSBD Rheinland-Pfalz seit Jahren angeprangerte Personalnot ans Licht – viele große Baustellen im rheinland-pfälzischen Justizvollzug!!!
Seit Monaten sind die rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten bis zum Anschlag belegt, fast überall sogar überbelegt.
„Belegungsgrade von 110% waren in letzter Zeit keine Seltenheit“, so Mark Schallmo, Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD).
Dabei gilt eine JVA schon bei 90% Belegung als voll ausgelastet, da immer ein Puffer an Hafträumen für Zugänge, Renovierungen usw. vorgehalten werden müssen.
„Neben der räumlichen Enge für die Gefangenen leidet auch das gesamte Personal unter der Situation“, so Schallmo weiter.
Mehr Gefangene bedeuten zwangsläufig weniger Zeit für den einzelnen Gefangenen. Damit steigt die Belastung für die Bediensteten, vielleicht doch etwas zu übersehen!!! „Der persönliche Kontakt mit den Gefangenen ist enorm wichtig. Hierüber können Stimmungsveränderungen wahrgenommen und frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Diese Wahrnehmungen können aber nur gelingen, wenn die Bediensteten auch die Zeit haben, sich mit den Gefangenen zu beschäftigten“, sagt Stefan Wagner, Co-Vorsitzender des BSBD.
Dadurch, dass sich die an der „normalen“ Belegung berechnete Personalstruktur um mehr Gefangene kümmern muss, leidet auch die allgemeine Betreuung. „Wir fungieren zurzeit bildlich gesprochen immer mehr als Brandlöscher und haben keine Möglichkeit, im Vorfeld tätig zu werden um aufkommende Brände zu verhüten“, so Wagner, „im Gegenteil, durch diese Situation wird noch zusätzliches Feuer entfacht.“
Mehr Gefangenen bedeuten mehr Aufwand in allen Bereichen, z.B.:
- Mehr Gefangene brauchen medizinische Versorgung. Dies auch außerhalb der Mauern, womit wiederum das Sicherheitsrisiko nach außen und somit für die Bevölkerung im Allgemeinen steigt.
- Mehr Gefangene besuchen die gesetzlich vorgeschriebene Hofstunde (sog. Aufenthalt im Freien)
- Mehr Gefangene bedeuten auch viel mehr Dokumentationsaufwand
- Mehr Gefangene brauchen Sportangebote, Freizeitangebote.
- Mehr Gefangene bedeuten auch mehr Besuche – der Kontakt zur Außenwelt muss organisiert werden
- Durch das „Mehr“ an Gefangenen wird auch das „Mehr“ an psychisch auffälligen oder aggressiven Gefangenen auf den Abteilungen immer mehr zum Problem.
All dieses „Mehr“ muss zusätzlich, zu ohnehin ausgelasteten Vollzugsalltag, geleistet werden. „Und das bei der schon seit Jahren angespannten Personalsituation,“ so Schallmo weiter.
Fachübergreifend sind unserer Information nach ca. 150 vorhandene Stellen zurzeit nicht besetzt, der größte Teil im ohnehin hochbelasteten Allgemeinen Vollzugsdienst.
Hinzu kommt eine insgesamt angespannte Bewerberlage. Ausbildungsstellen im Allgemeinen Vollzugsdienst können zeitweise nicht besetzt werden.
„Unser Berufsfeld ist äußerst attraktiv, die Rahmenbedingungen sind es nicht“, so Schallmo und Wagner.
Es bedarf dringendst einer erheblichen Steigerung der Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten. Die Zulagen betragen je nach Art nur 2,11 Euro bis 4,10 Euro!!! Da ist schon viel Idealismus und Verbundenheit gegenüber dem Rechtsstaat der Kolleginnen und Kollegen gefragt um dafür rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr einen ordnungsgemäßen Dienst zu leisten.
Die von Justizminister Fernis dem Rechtsausschuss gegenüber getätigte Aussage, die Ausbildung der Beamten im Allgemeinen Vollzugsdienst sei attraktiver geworden sehen wir eher skeptisch. Anders als vom Minister dargelegt, konnte die Qualität der Ausbildung durch die Verkürzung auf 18 Monate nach unseren Recherchen nicht gehalten werden. Hinzu kommen große Probleme bei der Dozentenversorgung im theoretischen Teil der Ausbildung. „Davon, dass sich die Justizvollzugsschule zu einem Aushängeschild des Justizvollzugs entwickelt sehen wir in der Praxis leider so gut wie nichts“, so Wagner.
Die Reform der Ausbildung wurde 2020 beschlossen und wird seit 2021 praktiziert. Eine zugesagte Evaluation wird durch das Ministerium selbst durchgeführt, unter Federführung des Ideengebers der Reform. „Wenn ich meine Ideen selbst umsetze und dann selbst überprüfe ob sie gut sind, komme ich wahrscheinlich zum Ergebnis, dass es nicht hätte besser sein können“, sieht Schallmo skeptisch auf die zu erwartenden Ergebnisse dieser Evaluation.
Ein weiter so darf es nicht geben, so die Gewerkschafter